Zeitungsschau 1914 no 2 GE
Germana Esperantisto 1914 p. 26
Deutsche Zeitungsschau
Argus (= Friedrich Ellersiek)
Der Vortrupp (Nr. 2, 16. 1. 14) enthält einen Leitaufsatz" „Das Leben der Sprache" aus der Feder unseres Gesinnungsgenossen Dr. Ernst Kliemke, Berlin, der, wie immer, in glänzender Weise in seinen fast sechs Seiten umfassenden Ausführungen beweist, daß Esperanto einer sogenannten lebenden Sprache gleichzuachten ist. Wir wollen hier nicht näher auf den Aufsatz eingehen, sondern möchten nur jedem empfehlen, die überaus fesselnd und lehrreich geschriebene Abhandlung selbst zu lesen. Die Einzelnummer kostet 30 Pf. und ist zu beziehen vom Vortrupp-Verlag Alfred Janssen, Hamburg.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir nicht verfehlen, unsere Leser wiederholt auf die vorzüglich geleitete Zeitschrift Der Vortrupp und auf die ganze Vortrupp-Bewegung besonders aufmerksam zu machen. Wie nach dem bekannten Sprichworte eine Hand die andere wäscht, so sollten auch die Esperantisten dem
Vortrupp sein Eintreten für unsere Sache durch gegenwertige Unterstützung lohnen, um so mehr, als die Vortrupp-Bewegung, die jetzt vom Deutschen Vortrupp-Bunde in Hamburg, Spitalerstr. 12, geleitet wird, wahrhaft ideale Ziele zum Besten des Deutschtums unserer Zeit verfolgt. Willkommen ist jeder, denn der Deutsche Vortrupp - Bund kennt keine Klassenunterschiede und rührt weder an der politischen, noch an der religiösen Ueberzeugung seiner Mitglieder. Der Bund ist eine freie Tatgemeinschaft aller Vortruppleser, die sich bereit erklärt haben, im Sinne des Vortrupp diejenige Bewegung fördern zu helfen, der man besonders dienen möchte. Ein besonderer Beitrag für den Bund wird nicht erhoben. Es gereicht also nur zum Vorteil für unsere Bewegung, wenn sich recht viele deutsche Esperantisten dem Bunde durch Halten des Vortrupp anschließen und durch ihre Mitarbeit dort auch unsere Sache fördern.
Die Vossische Zeitung, Berlin, die sich bisher der Weltsprachebewegung gegenüber ziemlich zurückhaltend gezeigt hat, brachte in ihrer Abendausgabe vom 9. Januar einen etwas spöttisch gehaltenen Aufsatz über „Esperanto und Ido", in dem der Verfasser F. M. erzählt, daß er zwei Freunde habe, von denen der eine Esperantist, der andere Idist sei. Beide versuchen, ihn für ihre Sache zu gewinnen, wobei der Idist am meisten aufschneidet. Herr F. M. bleibt zwar fest in seiner Abneigung gegen eine Welthilfssprache, erklärt sich jedoch, als beide Freunde gemeinsam ihn mit aller Gewalt zur Erlernung einer Hilfssprache bringen wollen, bereit, an jenem Tage mit der Erlernung von Esperanto oder Ido zu beginnen, wo ein Mensch aus freiem Antriebe seine Liebe der Erwählten in einer der beiden ihm vorgeschlagenen Hilfssprachen erklärt.
Allein der letzte Satz beweist schon zur Genüge, daß auch hier wieder jemand über die Welthilfssprache geschrieben hat, der nicht die leiseste Ahnung von ihrem eigentlichen Zwecke hat. Nicht weniger bedauerlich ist es, daß der Verfasser die Sache ins Lächerliche zu ziehen bemüht ist. Eine treffliche Antwort auf die obigen Ausführungen bringt ein leider unbekannter Herr J. B. in der Abendausgabe desselben Blattes vom 15. Januar. Er rügt zunächst auch den spöttelnden Ton des ersten Verfassers und klärt diesen dann über verschiedene Irrtümer in seinen Ausführungen auf. Er sagt darauf wörtlich; „Jedermann weiß heute schon, daß Esperanto eben nur eine Hilfssprache ist und sein kann, daß der Weltsprachentraum des Schleyerschen „Volapük" ausgeträumt ist. Für eine solche Hilfssprache aber hat das Esperanto schon eine erstaunliche Verbreitung gewonnen, und die Absplitterung der Idoleute ist sehr zu bedauern, denn soll die Hilfssprache eine wirkliche Hilfe sein, so muß sie eben eine sein. Hier ist die bloße Tatsache der Einheitlichkeit tausendmal mehr wert, als die schönsten und besten Prinzipien, womit indessen nicht gesagt sein soll, daß die Ido - Prinzipien gut oder schön seien." Dann klärt er Herrn F. M. auch darüber auf, daß Esperanto in der Hauptsache eine Verkehrssprache, besonders für die Handelswelt, sein soll; allerdings habe Esperanto auch auf dem Gebiete der schönen Literatur schon Hervorragendes geleistet. Zum Schluß auch scherzhaft werdend, erinnert er Herrn F. M. an das gegebene Versprechen, nämlich, daß dieser nun gezwungen sei, Esperanto zu lernen, denn J. B. ist
bereit zu beschwören, daß auf dem einzigen EsperantoKongreß, dem er zufällig beiwohnte, mindestens zehn Menschen aus freiem Antriebe ihre Liebe der Erwählten auf Esperanto erklärt haben. Für die Dauerhaftigkeit dieser „Kongreßlieben" übernimmt Herr J. B. allerdings keine Verantwortung!
Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges, Dresden, (Nr. 12, 18. 12. 13) — Einige Beiträge zur Esperantofrage. In diesem Aufsatze wendet sich unser Gesinnungsgenosse Dr. Haller, Leisnig, gegen eine voraufgegangene abfällige Besprechung der Esperantofrage von San.-Rat Ohlemann, die uns leider nicht vorliegt. Aus der Antwort Dr. Hallers geht hervor, daß San.-Rat Ohlemann die Hilfssprache Esperanto wohl hauptsächlich aus nationalen Gründen abgelehnt hat. Dem widerspricht Dr. H. trefflich und zieht zum Beweise für die Notwendigkeit und Tauglichkeit des Esperanto die Esperantotagung auf dem vorjährigen internationalen Aerzte - Kongreß in London und den Esperanto-Jubiläums-Kongreß in Krakau heran. Bemerkenswert ist das Schlußwort von San.-Rat Ohlemann. Er schreibt: „Als Erwiderung auf Hallers Ausführungen dürfte es ja wohl nicht zu beschämend für mich sein, wenn ich in der Tat aus einem Saulus ein Paulus würde. Sicher kann man aber wohl sagen, daß es entschieden patriotischer für uns wäre, ein Esperanto zum internationalen Gedankenaustausch zu haben als etwa die französische Sprache. Esperanto will allem Anscheine nach, wie die Stenographie, sich die Welt erobern."
Sehr richtig! Wir beglückwünschen Herrn San.- Rat Ohlemann zu seiner angedeuteten Bekehrung und hoffen, daß er bald einmal Gelegenheit haben wird, sich selbst von dem praktischen Nutzen des Esperanto zu überzeugen.
In derselben Nummer der genannten Wochenschrift befindet sich noch eine für uns sehr wichtige Mitteilung unter „Bücher und Zeitschriften". Dort wird nämlich angekündigt, daß die in der „Wochenschrift" erschienenen Originalarbeiten in Esperanto referiert werden. Das ist gewiß ein anerkennenswertes Vorgehen dieser wissenschaftlichen Fachzeitschrift!
Esperanto - Unterrichtsbriefe erscheinen neu in der Deutschen Cafetier - Zeitung, Berlin, und in der Deutschen Postzeitung, Berlin.